Zusammenfassung
Hintergrund: Das Arzneimittelgesetz schreibt vor, dass jedem Arzneimittel ein Beipackzettel (BPZ)
beizulegen ist, der den Patienten über Anwendung, Indikation, Dosierung und eventuelle
Nebenwirkungen informiert. Dieser BPZ wird jedoch häufig für bewusste Abweichungen
der Patienten vom verordneten medikamentösen Therapieschema verantwortlich gemacht.
Es ist nicht bekannt, inwieweit die Möglichkeit, sich im BPZ zu informieren, genutzt
wird und welche Konsequenzen dies in Bezug auf die Medikamenten-Adhärenz mit sich
bringt.
Methode: Es wurden leitfadengestützte Einzelinterviews mit Patienten über die Nutzung, Einschätzung
und mögliche Konsequenzen des BPZ durchgeführt. Einbezogen wurden Patienten, denen
vom Hausarzt eine neue medikamentöse Dauertherapie verordnet wurde. Die Analyse erfolgte
in einem Konsensusverfahren nach der Qualitativen-Inhaltsanalyse von P. Mayring.
Ergebnisse: Es wurden 71 Interviews ausgewertet. Der Beipackzettel wird in sehr unterschiedlicher
Weise und Intensität genutzt. Überwiegend werden mit dem Beipackzettel negative Assoziationen
verbunden. Das Lesen des Beipackzettels scheint keinen unmittelbaren Einfluss auf
die medikamentöse Adhärenz zu haben. Neben Vertrauen in die pharmazeutische Industrie
äußerten Patienten vor allem, dass sie sich auf die Fachkompetenz des Hausarztes verlassen.
Schlussfolgerung: Das Lesen des Beipackzettels hat möglicherweise geringere Folgen, als oft angenommen
wird. Es scheint keinen großen Einfluss auf die medikamentöse Adhärenz zu haben.
Abstract
Background: German legislation requires a package insert (PI) to be attached to any drug that
informs patients about the use, indications, dosage and possible side effects. This
PI is often blamed for deliberate deviations from the patient's prescribed medication
regimen. It is unknown to what extent patients use the opportunity to inform themselves
by the PI and potential consequences for medication adherence.
Methods: In semi-structured interviews patients were asked about their use of package inserts,
their opinion about PI and potential consequences of PI. Patients with newly prescribed
drugs were included in the study. Data analysis was carried according to the qualitative
content analysis by Mayring.
Results: 71 interviews were analyzed. PIs are used in very different ways and intensity. PIs
are predominantly associated with negative connotations. Reading of PI seems to have
hardly any immediate impact on medication adherence. Patients expressed that they
feel confidence in the pharmaceutical industry and especially rely on the expertise
of theirs general practitioner.
Conclusion: These results point out that the use of PIs may have less impact than often assumed.
Reading the package insert in these patients did hardly affect medication adherence.
Schlüsselwörter
Adhärenz - Packungsbeilage - Qualitative Studie - Hausarzt
Keywords
medication adherence - package insert - qualitative study - general practitioner